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Nachhaltigkeit

13.04.2025

Liebes Tagebuch, 

Nun war es hier wirklich lange wirklich still. Und das war nicht mal eine bewusste Entscheidung. Es fühlt sich eher an wie ein Umbruch, der etwas Zeit benötigt. Denn Souljoy soll sich neu aufstellen und zwar nachhaltiger und natürlicher. Zum einen, weil die konventionelle Floristik eine Katastrophe für unsere Erde ist, welche ich sehr liebe und zum anderen, weil es mir eine ganz andere Art der Gestaltung eröffnet hat. Aber was ist eigentlich das Problem an den klassischen Schnittblumen? Im Nachhinein ist es mir fast peinlich, dass ich das ganz lange auch nicht wusste und nicht hinterfragt habe. Aber Hand aufs Herz: wo sollen die Tulpen Anfang Januar schon herkommen, wenn sich bei mir im Garten noch alles im tiefsten Winterschlaf befindet und noch dabei ist, die Kräfte für den Frühling zu sammeln? Um es kurz zusammen zu fassen: der größte Teil der Schnittblumen wird importiert, laut Stern deutlich über eine Milliarde Blüten pro Jahr. Dabei stellen sowohl afrikanische Länder als auch die Niederlande ein Problem dar: in Ländern des globalen Südens wie beispielsweise Kenia sind die Arbeitsbedingungen schlecht, es mangelt ohnehin an Wasser, die Blumen werden eingeflogen und der Pestizideinsatz ist deutlich zu hoch, da es für importierte Schnittblumen keine Grenzwerte gibt. Das schadet sowohl den Arbeiter*innen vor Ort als auch den Florist*innen und Kund*innen. In den Niederlanden hingegen werden die Schnittblumen unter enormem Energieaufwand angebaut, da die Gewächshäuser für die perfekten Bedingungen beheizt und beleuchtet werden müssen. 

So viel zu den faktischen Gründen, die gegen die konventionelle Floristik sprechen. Was mich aber ehrlicher Weise fast noch mehr überzeugt hat, war die emotionale Ebene. Nachdem ich einmal mit heimisch gewachsenen, unperfekten Blüten gearbeitet hatte, wollte ich am liebsten nie wieder eine schnurgerade Rose in den Händen halten. Jede individuelle Bewegung, verschiedene Blühstadien und „Fehler“ der Blumen schenken einem Werkstück eine Besonderheit, Wertigkeit und Anmut, die ich vorher nicht kannte. Es ist fast, als wären diese Blüten lebendig und strotzen nur so vor Schönheit, während ihre Kolleg*innen aus den Plantagen monoton und tot wirken. Sie können einem fast leid tun. 

Diese Erkenntnis hat erstmal alles, was ich kannte, auf den Kopf gestellt. Ich habe fünf Jahre in einem Blumengeschäft gearbeitet und kenne all die Abläufe und Strukturen, habe diese lange für richtig gehalten. Dadurch funktioniert es für mich persönlich nicht, von heute auf morgen alles auf den Kopf zu stellen und strikt zu ändern. Ich habe gemerkt, wie sehr ich mich damit unter Druck gesetzt habe, sofort alles anders machen zu wollen und dass es so für mich nicht funktioniert. Respekt an alle, die das können. Ich gehöre nicht dazu, und mir das einzugestehen war erstmal gar nicht so leicht. Vielleicht ist es deshalb ruhiger geworden. Ich wusste auch nicht mehr recht, was ich bei Instagram posten sollte. Meine alten Sträuße mit Großmarktware fühlten sich nicht mehr richtig an, aber viel Neues gibt es auch nicht, da ich aktuell viel im Anbau und der Verarbeitung ausprobiere. Gerade dreht sich nicht mehr alles nur um Hochzeiten sondern viel mehr darum, wie ich die Schätze für die Werkstücke selbst anbauen oder woher ich sie beziehen kann. Zumal ich mich auch noch mitten im Studium befinde und daher sowieso weniger Hochzeiten annehmen kann.

So schwebe ich aktuell irgendwo dazwischen und probiere aus, habe jedoch das klare Ziel vor Augen, bald komplett auf nachhaltige Blumen setzten zu können. Ich genieße es, mich selbst immer mehr mit der Natur zu verbinden und tolle Blumenseelen kennen zu lernen, die bereits soweit sind. In dem Zuge möchte ich jeder und jedem, dem das Thema Nachhaltigkeit am Herzen liegt, ganz dolle die Slowflower-Bewegung e.V. empfehlen. Hier findet ihr noch mehr tolle Infos und Kolleg*innen, bei denen ihr nachhaltige Blumen bekommen könnt.  

Du sieht, es ist eine Zeit des Umbruchs für mich. Ich genieße die neuen Impulse, fühle mich jedoch manchmal auch überfordert. Das gehört wohl dazu. Es bleibt wie immer spannend. 

deine Meret